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Spicken in Amerika – kein Kavaliersdelikt

Spicken in Amerika – kein Kavaliersdelikt

Jeder deutsche Schüler oder Student hat es schon mal gemacht – Spicken! Egal ob man sich die Matheformeln auf dem Lineal in Miniaturformat notiert hat, das Buch auf dem Klo versteckt oder bei der Facharbeit Quellen nicht so ganz hunderprozentig korrekt zitiert hat. Was in Deutschland mit einem Schmunzeln und einer Verwarnung fast schon in einen kreativen Schulsport ausartet, wird in den USA definitiv nicht als Kavaliersdelikt angesehen. Sowohl abschreiben während einem Test, als auch eine fehlerhafte Quellenangabe bei Hausaufgaben und Hausarbeiten (Plagiarism) wird hier sehr ernst genommen. Von vielen Lehrern werden ernsthafte Kontrollen durchgeführt, ob auch alle übernommenen Ideen und Zitate vollständig und lückenlos in den sogenannten References aufgeführt wurden. Hierzu gibt es im Internet Seiten wie Plagiarism Detector, wo der Professor durch Copy-
Paste den Text einfügen und in Sekunden den Inhalt auf unzitierte Quellen überprüfen kann. An den meisten Unis verlangt man ein besonderes Format (APA-Style), wie man die Quellen angeben soll. Zum Glück gibt es bei Word 2007 unter Referenzen eine Funktion, in der man einfach alle Daten eingibt und dann erstellt Word von selbst die Bibliographie.

Während man in Deutschland bei einem erstmaligen Spickversuch wahrscheinlich recht glimpflich davon kommt, werden die Konsequenzen in den USA anders ausfallen. Ein ernsthaftes Gespräch  mit dem Professor und dem Student Advisor wird unumgänglich sein und bei widerholtem Male, kann es sogar zu einem Rauswurf aus der Uni kommen. Also Vorsicht und nicht erwischen lassen.

Scheint etwas übertrieben? Mag schon sein, aber hier herrscht ein gewaltiger kultureller Unterschied zwischen Deutschland und den USA. Während bei deutschen Schülern und Studenten ein Wettstreit herrscht, wer den kreativsten Spicker hat, wird in den USA Spicken als unmoralisches und kriminelles Handeln angesehen. Und diese Meinung wird nicht nur von den Professoren und Lehrern geteilt, auch die Studenten sehen es als moralisch verwerflich an, wenn man abschreibt oder auf gut Deutsch „bescheisst“. Als ich mein High School Jahr in Louisiana verbracht habe, hat einer meiner Mitschüler bei einem Test von einem Lehrer aus Versehen das Lösungsblatt des Testes ausgeteilt bekommen. Statt sich zu freuen und schnell die richtigen Lösungen abzuschreiben, hat er sich sofort gemeldet und den Lehrer darauf aufmerksam gemacht. Dies führt natürlich dazu, dass die Professoren den Schülern auch mehr vertrauen und wenn man zum Beispiel einen Test nachschreiben soll, kann es sehr gut vorkommen, dass man ganz alleine in die Bücherei geschickt wird und nicht beaufsichtigt wird.

Genauso strikt verhält es sich übrigens auch mit dem Kopieren von Büchern! Anders als in Deutschland, wo sich Schlangen vor dem Kopierer bilden, weil ganze Bücher kopiert werden, kann man hier Probleme bekommen, wenn man nur ein paar Seiten kopieren möchte. Am Besten leiht man sich die Bücher aus der Bibliothek aus und schreibt sich die Sachen dann per Hand heraus, die man für die Hausaufgaben oder die Hausarbeit benötigt. Aber bitte immer daran denken: Quellenangaben im APA-Stil bei jedem direktem Zitat und auch beim Übernehmen von Ideen und umformulierten Texten!!!